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Die Verführer

Aus: Der weiße Dominikaner von Gustav Meyrink

 

Gustav Meyrink (1868-1932), Schriftsteller und Bankier, schuf – neben einer Reihe köstlicher Satiren – einige hermetisch-okkulte Romane wie etwa Der Golem, Das grüne Gesicht und Der weiße Dominikaner, die als Schlüsselwerke Bedeutung erlangt haben. Er selbst gehörte – unter dem Logennamen Br∴ Dagobert – der theosophischen Prager Loge Zum Blauen Stern an, die abwechselnd in seiner Wohnung und in einem nahegelegenen Café zu tagen pflegte.

Trümmer, Balken gestrandeter Schiffe, die auf dem Ozean der Vergangenheit treiben, hast du gesehen; aus seelenlosen Resten versunkener Gestalten, aus vergessenen Eindrücken deines Geistes haben die lemurenhaften Bewohner des Abgrundes das Bildnis unseres Meisters zum Hirngespinst geformt, um dich zu täuschen, haben mit feiner Zunge zu dir geredet leere hochklingende Worte der Betörung, um dich hineinzulocken, Irrlichtern gleich, in die todbringenden Sümpfe der planlosen Taten, darinnen schon Tausende vor dir und größere als du elendiglich versunken sind. Selbstverzicht nennen sie den Phosphorschein, mit dem sie ihre Opfer überlisten, die Hölle hat frohlockt, als sie ihn angezündet haben dem ersten Menschen, der ihnen vertraute. Was sie zerstören wollen, ist das höchste Gut, das ein Wesen erringen kann: das ewige Bewußtsein als Persönlichkeit. Was sie lehren, ist Vernichtung, aber sie kennen die Gewalt der Wahrheit, darum sind alle Worte, die sie wählen, Wahrheit - doch jeder Satz daraus geformt ist abgrundtiefe Lüge.

Wo Eitelkeit und Machtbegier in einem Herzen wohnen, da sind sie zur Hand und fachen diese trüben Funken an, bis sie glänzen wie helles Feuer und der Mensch wähnt, in selbstloser Liebe für seinen Nächsten entbrannt zu sein und hingeht und predigt, ohne berufen zu sein - ein blinder Führer wird und mit den Lahmen in die Grube stürzt.

(...)

Wo sie sehen, daß ein Kristall sich bildet, der symmetrisch – ein Ebenbild Gottes – zu werden verspricht, da bieten sie alles auf, ihn zu zertrümmern. Keine Lehre des Ostens ist ihnen zu fein, als daß sie sie nicht vergröberten, bis sie das Gegenteil darstellt von dem, was gemeint war. Vom Osten kommt das Licht, sagen sie und meinen heimlich die Pest damit.

Die einzige Tat, die des Vollbringens wert ist: die Arbeit am eigenen Selbst, nennen sie Selbstsucht; Weltverbessern, aber nicht wissen wie, – Habsucht mit dem Namen Pflicht bemänteln und Neid mit Ehrgeiz, das sind die Gedanken, die sie den irrenden Sterblichen einflößen.

Das Reich zersplitternden Bewußtseins ist ihr Zukunftstraum, Besessenheit allüberall ihre Hoffnung; sie predigen den Mund der Besessenen das Tausendjährige Reich wie einst die Propheten, aber daß das Reich nicht von dieser Welt ist, solange die Erde sich nicht verwandelt und der Mensch durch die Wiedergeburt des Geistes – das verschweigen sie; sie strafen die Gesalbten Lügen, indem sie die Reife der Zeit vorwegnehmen.
Wenn ein Heiland kommen soll, äffen sie ihm vor; wenn er geht, äffen sie ihm nach.

Sie sagen: tritt als Führer auf! wohl wissend, daß nur einer führen kann, der vollkommen geworden ist. Sie drehen es um und betrügen: führe, so wirst du vollkommen.

Es heißt: wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand; sie aber suggerieren: nimm dir ein Amt, und Gott wird dir den Verstand geben.

Sie wissen: das Leben auf Erden soll ein Zustand des Übergangs sein, darum locken sie listig: mach ein Paradies aus dem Diesseits, wohl kennend die Vergeblichkeit solcher Mühe.


Ausgewählt von Br∴ T. Z.

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